Community & Kultur

Bundestagswahl 2025: Was sagen die Parteien zum Thema Waffenbesitz – und was wollen sie wirklich?

Die Wahl zum deutschen Bundestag naht und die Parteien äußern sich auch zum Thema Waffenrecht. Doch was bedeutet das tatsächlich? Eine Einschätzung.

Inzwischen ist es dankenswerterweise eine etablierte Übung, zu einer Bundestagswahl die Ideen großer Parteien rund um das Thema Waffenrecht zu sammeln und zu veröffentlichen. So machen es Verbände, Vereine und auch Einzelpersonen schon seit etlichen Jahren – und wir machen es ab sofort auch. Doch wir gehen einen Schritt weiter und fügen den jeweiligen Aussagen der Parteien, die realistischerweise Koalitionspartner in der nächsten Bundesregierung werden könnten, einen „Realitätscheck“ hinzu, basierend auf der wissenschaftlichen Arbeit des Kolumnisten.

CDU/CSU

„Bei Extremisten und Straftätern Waffenrecht konsequent anwenden. Die Feinde unseres Staates gehören entwaffnet. Gleichzeitig stellen wir sicher, dass Legalwaffenbesitzer, Jäger, Sammler und Schützen nicht drangsaliert oder kriminalisiert werden.“

Klingt gut, dürfte auch weitestgehend stimmen, allerdings erinnern sich zahlreiche Schützinnen und Schützen noch an den Magazinbann und Horst Seehofers Antwort in der Regierungsbefragung vom 23. Oktober 2019: „Zum Beispiel kann mir niemand erklären, warum ein Sportschütze Magazine mit mehr als 20 Schuss braucht“ Hier fanden Sportschützen und Regierung inhaltlich offensichtlich nur sehr begrenzt zusammen, 10-Jahres-Regelung für Schützen zum Trotz. Zwar bemüht sich derzeit seitens der Union der Abgeordnete Marc Henrichmann schon eine ganze Weile fachlich und strategisch kompetent um das Thema, doch es bleibt abzuwarten, was die Union in Verhandlungen mit SPD oder Grünen opfern könnte, denn diese dürften sich kaum als natürliche Partner von Jagd und Sport sehen. Spekulativ gesprochen könnten das weitere Hürden für Erwerb und Besitz sein, bspw. psychologische Gutachten, die insbesondere Robert Habeck (Grüne) fordert. Schaut man sich auf Social Media um, so werden jedoch auch die Unionsparteien von den Betroffenen nicht automatisch mit den Gralshütern des deutschen Schützenwesens gleichgesetzt. Realistisch gesehen dürften sie eine plausible Option für Schützinnen und Schützen sein, die ihr Hobby im Großen und Ganzen wie gewohnt weiterführen wollen. Lockerungen gar oder ein großer Wurf in Sachen Waffenrechtsneugestaltung sind allerdings von CDU und CSU nicht zu erwarten.

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CDU-Bundestagsabgeordneter Marc Henrichmann: Er gab sich in der Opposition Mühe, doch wie viel wird davon in der Regierung übrig bleiben? (Credits: Anja Tiwisina/Website Marc Henrichmann)

SPD

„Hierzu werden wir auch weiterhin prüfen, wie wir den Zugang zu Waffen noch besser kontrollieren und Extremisten noch schneller entwaffnen können. Personen mit psychischen Vorbelastungen dürfen keinen Zugriff auf Waffen haben.“

Kein Innovationskracher, keine Disruption, eher ein Baustein eines insgesamt recht gemütlichen programmatischen Ansatzes. „Kontrollieren“ klingt erst einmal nicht dramatisch und die SPD ist nun auch nicht als die Partei der schlimmsten und rigorosesten Waffengegner bekannt (denn den Titel verdienen kollektiv zweifelsohne andere, wenngleich das bunte Anmalen von Selbstladebüchsen auch eine ganz besondere Skurrilität in dieser an Skurrilitäten keineswegs armen Ampel-Regierungszeit war). Doch auch hier dürfte vieles schlicht vom Partner abhängen – und von den Personen, die für dieses Thema innerparteilich verantwortlich zeichnen. Die rigorosen Gegner privaten Waffenbesitzes, waffenrechtlichen Polithasardeure und sicherheitspolitischen Dampfplauderer gibt es auch in der SPD und in der Ampel war es vor allem die FDP, die weitestgehend auf Vernunft setzte – auch wenn das wieder nicht alle Schützinnen und Schützen vollends überzeugte. Das Thema psychische Vorbelastungen bildet immerhin eine Gemeinsamkeit mit den Grünen ab. Extremisten zu entwaffnen, das klingt sogar sehr gut und erstrebenswert (Stichwort: Illegalität), doch dafür braucht es keine neuen Gesetze, sondern vor allem besseren Vollzug. Ob die SPD hier etwas reißen kann, in Zeiten des Fachkräftemangels im öffentlichen Dienst, leerer Kassen und anderer politischer Prioritäten? Und auch bei den Sozialdemokraten scheinen keine großen Würfe realistisch, erst recht keine (sicherheitspolitisch ungefährlichen) Lockerungen, tief in der sozialdemokratischen Provinz verankerte Schützenkultur hin oder her. Oder etwas polemischer proklamiert: Die SPD dürfte stets eher zum „Sepplhut“ und nicht zum IPSC tendieren …

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Bündnis 90/Die Grünen

„Die Anzahl an legalen und illegalen Schusswaffen hat in den vergangenen Jahren zugenommen. Noch immer werden zu viele Gewalttaten mit Schusswaffen begangen, gerade im häuslichen Bereich. Daher werden wir die Verfügbarkeit von tödlichen Schusswaffen und anderer gefährlicher Waffen weiter einschränken.“

Hier ist die Sache einfach: Wenn die Grünen ihre reine Lehre umsetzen könnten, wäre dies, so mein glasklarer Eindruck, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit das sofortige Ende des privaten Waffenbesitzes in Deutschland. Oder etwas überspitzt formuliert: Die Grünen hassen anscheinend die deutsche Waffenkultur und würden im Falle einer (faktisch unerreichbaren) Alleinregierung ohne jegliche Verzögerung zur Tat schreiten. Weltkulturerbe, Hege und Pflege, gar Selbstverteidigung? Alles verwerflich für den „Bionade-Biedermeier“. Den Grünen könnte man selbst ein Komplettverbot von Tierabwehrspray problemlos zutrauen, es entspräche hier ihrer etwas seltsamen, aber parteiintern populären Vorstellung von Sicherheit in Deutschland, die hier wenig mit der Realität, aber sehr viel mit Ideologie zu tun hat. Die Grünen sind somit vor allem für die Menschen eine Wahloption, die Waffen aus Deutschland verbannen wollen. Aber nur um das klarzustellen: legale Waffen. Der erste Satz der Wahlprogrammaussage zum Waffenrecht schließt zwar die illegalen Waffen (welche die tatsächliche Gefahr in Deutschland darstellen) mit ein, doch bei den grünen Fundi-Verbotsvorstellungen darf man sicher sein: Hier sollen vor allem Schützen, Jäger, Sammler, Sachverständige und Händler getroffen werden, nicht Dealer und Gangster. In Sachen Waffenschmuggel sind die Grünen letztlich ideentechnisch so blank wie viele andere Parteien.

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Bundeswirtschaftsminister und Kanzlerkandidat der Grünen Robert Habeck wünscht sich ein psychologisches Attest für Waffenbesitzer (Credits: Nils Leon Brauer/Website Robert Habeck)

FDP

„Das deutsche Waffenrecht muss mit Augenmaß gestaltet sein. Sportschützen und Jäger dürfen nicht unnötig belastet werden. Stattdessen sollte der Fokus auf Gefährdern und Extremisten durch eine verbesserte Kommunikation der Behörden und der Bekämpfung des illegalen Waffenhandels liegen.“

Dürfte für Schützen und Jäger gut klingen, doch gibt es zwei Probleme: zuerst einmal die Glaubwürdigkeit in der Community, die aufgrund der letzten Waffenrechtsverschärfungen entsprechenden Schaden genommen hat, und zweitens die Chancen der FDP, wieder im Bundestag oder gar in einer Regierung zu landen. Die Ideen sind aber im Vergleich zu dem, was die anderen genannten Parteien in der vergangenen Legislaturperiode lieferten, deutlich besser, auch und gerade aus wissenschaftlicher Sicht. Fokus auf Gefährder und Extremisten? Gute Priorisierung! Probleme gibt es vor allem auf Seiten der Behörden? Richtig erkannt. Illegaler Waffenhandel ist das Problem? Exakt. Nur: Ohne Regierungsbeteiligung bleiben diese Worte nett, aber fruchtlos. Derzeit (Anfang Februar 2025) bewegt sich die FDP in den Umfragen im Korridor zwischen drei und fünf Prozent.

Fazit: 

Wenn ich die bald vergangene Legislatur sowie die aktuellen Akteure und Aussagen aus meiner Sicherheitsforschungsperspektive kurz und knapp beschreiben soll, dann ist mein Plazet klar: Aus Sicht von Menschen, die privaten Waffenbesitz befürworten und eine realistische Wahloption suchen, wäre eine Koalition von CDU/CSU und SPD sicherlich das kleinste Übel. Klingt nicht überragend? Ist es auch nicht, denn den Unionsparteien fehlen glaubhafte Aussagen für einen großen Wurf, beispielsweise eine längst überfällige Entrümpelung des Waffengesetzes. Menschen, die das genaue Gegenteil wollen, also möglichst wenig privaten Waffenbesitz, dürften mit SPD und Grünen ihrem Ziel am nächsten kommen. Robert Habeck fordert zwar "nur" ein psychologisches Gutachten, doch er ist nicht der Alleinentscheider in dieser Hinsicht. Zahlreiche Parteifreundinnen und -freunde gehen da deutlich weiter. Ein möglicher Koalitionspartner SPD würde da kaum oder nur sehr wenig im Wege stehen. Vertreter der jeweiligen reinen Lehre fänden einerseits sicherlich CDU/CSU plus FDP gut, andererseits eine Grünen-Alleinregierung. Beides ist allerdings faktisch ausgeschlossen. Andere Optionen und Parteien wurden aufgrund ihrer demoskopischen Chancenlosigkeit nicht berücksichtigt.

 

Laguiole en Aubrac

Laguiole en Aubrac, a living heritage company