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Waffengesetzänderung: Sind ALLE Druckluftwaffen nun erlaubnispflichtig?

Die letzte Waffengesetzänderung 2025 markierte eine unerwartete Zäsur für Waffenbesitzer und Hersteller in Deutschland. Was ist passiert?

Sind nun alle Druckluftwaffen verboten?

Die Änderung des Waffengesetzes, die aus dem Bundesgesetzblatt Jahrgang 2025 Teil I Nr. 171 hervorging, brachte für viele Waffenbesitzer und Hersteller in Deutschland eine unerwartete Zäsur. Was auf den ersten Blick wie eine einfache Reaktion auf eine einzelne Innovation – die von YouTuber und Waffenentwickler Jörg Sprave entworfene Pfeilwaffe „SixNeedler“ – wirkte, hat sich als ein flächendeckender Eingriff in den legalen Waffenmarkt entpuppt. Im Zentrum: die bis dato erlaubnisfreien Druckluftwaffen mit dem sogenannten F im Fünfeck. Doch nun sind mit einem einzigen Federstrich alle dieser Waffen erlaubnispflichtig. Was ist passiert?

Der Auslöser: Der SixNeedler

Jörg Sprave ist in der deutschen Waffenszene kein Unbekannter. Mit seiner Plattform „GoGun“ und einer treuen YouTube-Fangemeinde entwickelte er innovative Waffen, darunter den sogenannten SixNeedler – eine druckluftbetriebene Pfeilwaffe mit sechs Schuss, unterhalb der 7,5-Joule-Grenze, also eigentlich frei verkäuflich ab 18 Jahren, wenn sie das F-im-Fünfeck trägt. Dieses Symbol, das vom Beschussamt vergeben wird, kennzeichnet im Waffenrecht erlaubnisfreie Druckluftwaffen mit einer maximalen Mündungsenergie von 7,5 Joule, die von Personen über 18 Jahren erlaubnisfrei erworben werden dürfen.

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Der Stein des Anstoßes: Der sogenannte SIX NEEDLER von Jörg Sprave. Quelle: GoGun GmbH

Doch genau hier sah das Bundesinnenministerium (BMI) ein Sicherheitsproblem: Obwohl diese Waffen formal unter der 7,5 Joule-Grenze lagen, entwickelten sich durch die Konstruktion Waffen, deren Geschosse tief eindringen und potenziell sogar schutzwesten durchschlagen könnten. Eine Eigenschaft, die von Jörg Sprave auch immer wieder aktiv angesprochen wurde. 

Der Referentenentwurf und das Ziel

Der ursprüngliche Referentenentwurf sprach noch vergleichsweise zurückhaltend von einer Nachjustierung im Bereich „neuartiger Pfeilwaffen“. Im Fokus standen dabei:

  • Druckluftwaffen mit Treibspiegeltechnik,
  • Nadelgeschosse mit hoher Durchschlagskraft trotz geringer Mündungsenergie,
  • Und im Zentrum: der SixNeedler, der zu diesem Zeitpunkt noch nicht auf dem Markt war.

Wörtlich hieß es: „Nach der Systematik des Waffengesetzes sind der Erwerb und der Besitz von Druckluftwaffen, die die 7,5-Joule-Grenze einhalten, erlaubnisfrei. Diese Ende der 1960er/Anfang der 1970er Jahre getroffene Festlegung beruht auf der Erkenntnis, dass von Waffen, die die 7,5-Joule-Grenze nicht überschreiten, keine tödlichen Gefahren ausgehen. Um zu verhindern, dass künftig tödliche Druckluftwaffen erlaubnisfrei erworben und besessen werden können, soll im Waffengesetz eine Regelung getroffen werden, dass eigentlich erlaubnisfreie Waffen, die die technischen Voraussetzungen für das Verschießen tödlicher Geschosse erfüllen, künftig der Erlaubnispflicht unterliegen.“

Der SixNeedler sollte durch eine gesetzliche Regelung präventiv vom Markt ferngehalten werden. Doch der Weg dorthin hatte nun eine unerwartete Nebenwirkung.

 

Gesetz mit Kollateralschaden: Bisher erlaubnisfreie Druckluftwaffen nun erlaubnispflichtig

Denn mit der nun am 24. Juli 2025 in Kraft getretenen Neufassung des Waffengesetzes, veröffentlicht im Bundesgesetzblatt Jahrgang 2025 Teil I Nr. 171, ist ein entscheidender Satz Realität geworden:

Bisher fanden wir in der Anlage 2 des WaffG folgenden Punkt:

"Erlaubnisfreier Besitz (Anlage 2, Abschnitt 2)

1.1 Druckluft-, Federdruckwaffen und Waffen, bei denen zum Antrieb der Geschosse kalte Treibgase Verwendung finden, sofern diesen Geschossen eine Bewegungsenergie von nicht mehr als 7,5 Joule erteilt wird und die Waffen das in Anlage 1 Abbildung 1 dargestellte Kennzeichen (das sog. "F im Fünfeck") tragen.

Mit anderen Worten und verkürzt heisst das: Erlaubnisfrei sind Druckluftwaffen, wenn sie eine Geschossenergie von weniger als 7,5 Joule haben und das F im Fünfeck tragen.

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Der Abschnitt aus dem Bundesgesetzblatt, über den sich aktuell alle aufragen. Spannend ist das kleine Wörtchen "sofern" und "und". Qulle: bund.de

 

Ab Inkrafttreten des aktuellen Bundesgesetzblattes wird die Anlage 2 jedoch folgendermaßen geändert:

"Erlaubnisfreier Besitz (Anlage 2, Abschnitt 2)

1.1 Druckluft-, Federdruckwaffen und Waffen, bei denen zum Antrieb der Geschosse kalte Treibgase Verwendung finden, wenn den Geschossen eine Bewegungsenergie von nicht mehr als 7,5 Joule erteilt wird und die das Kennzeichen nach Anlage 1 Abbildung 1 zur Ersten Verordnung zum Waffengesetz vom 24. Mai 1976 (BGBl. I S. 1285) in der zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes geltenden Fassung, oder ein durch Rechtsverordnung nach § 25 Nummer 1 bestimmtes Zeichen tragen, sofern

a) diese nicht nach ihrer Beschaffenheit in Bezug auf Geschosse mit einer Länge von mehr als 30 mm mehrschüssig sind und


b) die Bestätigung zum Aufbringen des Kennzeichens nach § 11 Absatz 6 Satz 4 der Beschussverordnung oder das Aufbringen des Kennzeichens nach § 11 Absatz 6 Satz 5 der Beschussverordnung nicht vor dem 24. Juli 2025 erfolgt ist“

 

Aber was bedeuten die letzten beiden Abschnitte? 

Ab sofort "Erlaubnisfrei" im Sinne des Waffengesetzes sind Druckluftwaffen, wenn sie eine Geschossenergie von weniger als 7,5 Joule aufweisen, das F im Fünfeck tragen und wenn sie nicht die angesprochenen Pfeile verschießen (Mehrschüssig mit Geschosslänge von 30mm)". Doch dann kommt das kleine Wort, was alles verändert: "und". 

Denn komplett zusammengefasst steht im Bundesgesetzblatt: 

Druckluftwaffen sind demnach ab sofort nur noch erlaubnisfrei, wenn sie...

  • eine Geschossenergie von weniger als 7,5 Joule besitzen und das F im Fünfeck tragen SOFERN:
  • sie keine Pfeile verschießen UND
  • das F im Fünfeck nicht vor dem 24. Juli 2025 aufgebracht wurde. 

Diese Lesart bestätigen auch mehrere Rechtsanwälte, die von Jörg Sprave beauftragt wurden. Alle Druckluftwaffen, die vor dem 24.07.2025 mit dem F im Fünfeck gekennzeichnet wurden, wären damit WBK-pflichtig.

 

Die öffentlichen Reaktionen - VDB bittet um Stellungnahme

Tatsächlich hatten die betroffenen Verbände wie der VDB, der "Verband Deutscher Büchsenmacher und Waffenfachhändler" kaum eine realistische Möglichkeit, sich im Vorfeld der Gesetzesänderung inhaltlich einzubringen. So fiel diese Besonderheit der neuen Formulierung auch erst viel zu spät auf. Der VDB bat jedoch direkt um eine Stellungnahme vom BMI, dem Bundesministerium des Inneren. Auch hier war vermutlich direkt die unglückliche Formulierung aufgefallen und so kam prompt die Stellungnahme des BMI (Quelle: VDB):

„Die am 24. Juli 2024 in Kraft getretene Neufassung von Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 2 Nummer 1.1 zum Waffengesetz entfaltet keine Rückwirkung und wirkt damit nicht auf in der Vergangenheit abgeschlossene Sachverhalte zurück. Waffen, die auf Grund der bis zum 23. Juli 2025 geltenden Altfassung der Vorschrift erlaubnisfrei erworben und besessen werden durften, sind weiterhin erlaubnisfrei. Lediglich Waffen, für die die Bestätigung zum Aufbringen des „F im Fünfeck“ am 24. Juli 2025 oder später erteilt wurde und die in Bezug auf Geschosse mit einer Länge von mehr als 30 mm mehrschüssig sind, unterliegen der Erlaubnispflicht.“ 

 

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Die betreffende Stellungnahme des BMI in einem Post des VDB

 

Das BMI bestätigt somit explizit die Erlaubnisfreiheit von bereits zugelassenen Federdruck-, Druckluft- und Kaltgaswaffen und widerspricht somit der wörtlichen Formulierung im Bundesgesetzblatt. Ob der Absatz nun nocheinmal durch den Bundestag geht oder "auf dem kleinen Dienstweg" gelöst werden kann, bleibt abzuwarten. 

 

Headerbild: 123Rf.com