Wir lieben es, wenns kracht: Moderne Gunfights in Film & Games
Wir alle haben irgendwo angefangen – meistens vor dem Bildschirm. Filmnächte mit Heat, endlose Runden Call of Duty, das erste Mal John Wick im Kino. Intensive Feuergefechte, klackende Verschlüsse, Magazinwechsel, kontrollierte Gewalt in Zeitlupe. Und irgendwo zwischen Kugelhagel und Kamerafahrt dachtest du dir: „Jo, so würde ich das auch machen.“ Erwischt.
Was damals oft nur ein reines "Stilelement" war, fühlt sich heute doch nach... nach Substanz an. Willkommen auf der Schwelle: Zwischen Popkultur und Praxis.
Dieser Artikel ist für alle, die schon längst mehr sehen als nur Unterhaltung. Wir zeigen dir, welche Gunfights in Filmen, Serien und Games sehenswert sind. Welche wir für relevant halten und du unbedingt gesehen haben solltest. Und warum schauen wir uns überhaupt Filme wie "HEAT" und "American Sniper" an?
Du bist näher an der Gun Culture, als du denkst. Wir haben uns die Favoriten aller Redaktuere angeschaut:
HEAT (1995) – Die Mutter aller modernen Gunfights
Die Straßenschlacht in Michael Manns "Heat" zwischen Val Kilmer, Robert De Niro und der Polizei von L.A. ist legendär – und zwar zu Recht. Warum?
- Was zeichnet die Szenen aus: Die Schauspieler genossen Ausbildung von 2 ehemaligen, britischen Special Air Service Mitgliedern, Andy McNab and Mick Gould. Gould hat sogar einen Cameo-Auftritt als einder der Polizisten, die in Henry Rollins Wohnung eindringen. Val Kilmers Magazinwechsel ist einfach nur episch und knackig. Ein Fest für die Sinne in bester Hollywood-Manier.
- Stephan meint: Die Schießerei in Downtown LA ist ein choreografisches Meisterwerk: intensiv, emotional, multidimensional. In ihr kulminiert die Zerrissenheit ihrer Protagonisten und die Komplexität des gesamten Films, in so unfassbar dichter, spannender und einzigartiger Form. Wer diese Szene auf bloße Ballerei reduziert, hat nicht nur die Szene, sondern die gesamte Erzählung rund um Neil McCauley (Robert De Niro) und Vincent Hanna (Al Pacino) nicht verstanden.
13 Hours: The Secret Soldiers of Benghazi (2016) – Wenn Realität ins Kino kommt
Dieser Film ist kein Action-Märchen. Der Film schildert den Angriff auf das US-Konsulat in Bengasi, Libyen im Jahr 2012. "13 Hours" liefert rohe, intensive Feuergefechte, wie man sie selten in Hollywood sieht. Und: Keine musikalische Untermalung.
- Was zeichnet die Szenen aus: Regisseur Michael Bay (ja, DER Michael Bay) hat hier bewusst zurückgedreht. Keine Superhelden, kein Hochglanz – nur Ex-Spezialkräfte in einem aussichtslosen Kampf. Das Waffenhandling ist auf Punkt, die Taktik nachvollziehbar, die Kommunikation authentisch. Das Taktiken nicht immer funktionieren, ist bei "13 Hours" immer wieder ein Thema. Auch hier bekamen die Schauspieler professionelles Training. Denn auch das Handling eines M249 SAW (Squad Automatic Weapon - vollautomatisches Maschinengewehr) muss sitzen.
- Fred meint: Was „13 Hours“ so besonders macht, ist nicht nur die rohe Intensität, sondern auch der Einsatz der Darsteller abseits der Kamera. Krasinski und Co. haben sich in einem knallharten Bootcamp von echten Ex-SEALs drillen lassen – mit Schießübungen, Taktik und voller körperlicher Härte. Diese Vorbereitung merkt man jeder Szene an: authentisch, glaubwürdig, kompromisslos.
Escape from Tarkov: Raid (2019) – Wenn Gaming-Realismus auf den Bildschirm trifft
Die von Battlestate Games produzierte Miniserie "Escape from Tarkov: Raid" bringt die düstere, gnadenlose Welt des Spiels in filmischer Form auf YouTube. Die Serie fängt die Intensität und den Realismus des Spiels ein und setzt neue Maßstäbe für Videospiel-Adaptionen.
- Was zeichnet die Szenen aus: Die Serie verzichtet auf übertriebene Hollywood-Effekte und konzentriert sich auf authentische Taktik, drastische Darstellung von Verwundungen und die raue Atmosphäre urbaner Gefechte. Alles ist grau in grau, düster und drastisch. Fehlentscheidungen haben direkte Konsequenzen. Dennoch werden auch die emotionalen Verbindungen der Jungs untereinander nicht unter den Tisch fallen gelassen.
- Moritz meint: Ja, Ja - alle finden "HEAT" so cool. Versteh' Ich. Aber, liebe Leute - habt Ihr mal "Raid" gesehen? Geht es denn wirklich realistischer? Geht es dreckiger? Geht es rauer?! Ich habe das, was man bei "Raid" sieht, nirgendwo anders gefunden. Die Gefechte sind halt anders als in allen Filmen. Nicht heroisch und ohne große Story - vielleicht gefällt mir "Raid" deswegen so. Kein B*llshit.
Lone Survivor (2013) – Versuch zu überleben.
Basierend auf dem echten Einsatz von Navy SEAL Team 10 in Afghanistan, zeigt "Lone Survivor" blanken Horror. Die Mission der SEAL's geht dramatisch schief, als sie viel zu früh aufgeklärt werden. Was als Aufklärungsmission begann endete in einem Desaster. Vier Operator gegen eine Übermacht. Kein Support, keine Hoffnung. Am Ende überlebt einer: Marcus Luttrell
- Was zeichnet die Szenen aus: Schon nach wenigen Minuten im Gefecht erleiden die Protagonisten die ersten Verwundungen und können nichts dagegen tun. Jeder erleidet Treffer. Es entstehen Zweifel. Verwirrung und zum Teil blanke Panik greifen um sich. Selbst die angeforderte Unterstützung wird ausgeschaltet. Die Hoffnungslosigkeit ist förmlich spürbar.
- Meine (Chris') Meinung: Ich weiß noch genau, wann ich den Film zum ersten Mal sah: Mit meinem Trauzeugen Nico im Kino.
Wir waren damals 17, hatten Nachos dabei - und, ohne Übertreibung, seit diesem Abend war mein Leben nicht mehr dasselbe.
Auch wenn mir bewusst war, dass einige Szenen dramatisiertsind, beeindruckt mich die Zähigkeit dieser SEALs bis heute – nicht auf eine verherrlichende, sondern auf eine tief demütig machende Weise.
Anna (2019) - Der KGB in Paris
Auf den ersten Blick ist "Anna" ein typischer Luc-Besson-Actionthriller mit Model-Vibes und Spionage-Flair. Aber wer bei der Restaurantszene genau hinschaut, merkt schnell: Hier steckt überraschend viel Substanz drin. Natürlich - der Kampf ist eine Choreographie. Und dennoch ist es kein billiges, sinnloses Rumgeballer. Hier steckt Liebe zum Detail drin.
- Was zeichnet die Szenen aus: Knallhartes Martial-Art. Die Restaurantszene in "Anna" überzeugt nicht durch Krachbumm, sondern durch Kontrolle: Raumaufteilung, Waffenhandhabung und taktisches Vorgehen unter Druck. Jeder Schuss sitzt, jede Bewegung hat ein Ziel – keine Show, sondern Effizienz in Reinform. Irgendwie besonders cool.
- Danielle meint: Als ich 2019 mit dem Schießsport begonnen und meinen Instagram-Kanal gestartet habe, war das mehr als nur ein neuer Social-Media-Account – es war mein Einstieg in eine Szene, die noch immer stark von Männern geprägt ist. Genau in dieser Zeit kam "Anna" ins Kino – und hat mich sofort gepackt. In der Restaurantszene, als der KGB sie testen will, betritt sie scheinbar beiläufig den Raum, nur um in Sekunden eine ganze Gruppe bewaffneter Männer auszuschalten. Für mich ist das einer der stärksten Gunfights überhaupt – nicht nur wegen der Choreografie, sondern wegen dem, was darunter liegt: Stärke, Präzision, Tempo und unbeirrbarer Fokus. Alles Eigenschaften, die in Actionfilmen viel zu oft nur männlichen Helden zugeschrieben werden.
Was bleibt am Schluss? Faszination.
Filme, Serien und Videospiele sind die Triebfedern unserer modernen Zivilisation. Sie beeinflussen, was wir denken, was wir sehen, was wir fühlen – und wie wir glauben, dass andere uns wahrnehmen. Sie sind auf gewisse Weise ein Spiegel unserer selbst. Das Feuergefecht oder der Feuerkampf - in welcher Form auch immer - ist die extremste Form menschlicher Auseinandersetzung, die absolute Klimax einer Meinungsverschiedenheit. Er ist die roheste und endgültigste Form zwischenmenschlicher Interaktion. Vielleicht ist er auch die älteste. Vielleicht fasziniert uns gerade deshalb, wie unterschiedlich er dargestellt wird.
Ach ja – und cool ist er auch. Ja - schon.