Kurz vor der Weihnachtszeit fuhr das bekannte Auktionshaus Hermann Historica noch einmal alles auf, was historisch, wertvoll und spannend war.
Selten, teuer, historisch wertvoll
Vieles wurde im Vorfeld angepriesen, so zum Beispiel die Losnummer 8306. Hierbei handelt es sich um eine Borchardt C 93, eine halbautomatische Pistole, die im Jahre 1893 entwickelt wurde und eine der ersten Selbstladepistolen überhaupt ist, die in größerer Stückzahl produziert wurde. Auch das Kaliber der Waffe ist eine Neu- und Eigenentwicklung: 7,65x25mm Borchardt. Alles an dieser Waffe schreit förmlich „historisch hochgradig wertvoll“! Der Startpreis für dieses seltene Stück lag bei 5.000 EUR - erreicht wurden letztlich 13.500 EUR.
Zum gleichen Preis startete eine Heckler & Koch P7 M13 „Training Program Weapon“. Sie ist laut Hermann Historica die elfte seriengefertigte Pistole dieser Reihe. Was unterscheidet sie von der „normalen“ Variante? „Zu Trainingszwecken in den Vereinigten Staaten wurde eine Kleinserie mit dieser Bezeichnung hergestellt.“ Schon die Standardversion erreicht auf dem Gebrauchtmarkt hohe Preise, aber auch hier blieb der Startpreis wirklich nur der Startpreis: Endergebnis 8.000 EUR.
Im Angebot war auch eine Thompson Mod. M1A1 im Kaliber .45 Auto. Kennt man vom Onlinewaffenhändler und Shop in der Innenstadt, als Replica? Langweilig! Diese Waffe ist ein originaler Vollautomat und nur mit BKA-Erlaubnis zu erwerben. Und auch das war kein Hindernis, wenngleich der Start- auch der Endpreis blieb: 2000 EUR.
Doch wie kommt man an so eine Waffe? Im Grundsatz ist eine Waffenauktion auch nicht anders als jede andere Auktion: registrieren, bieten, gewinnen oder verlieren. Bei Hermann Historica wie auch bei zahlreichen anderen Häusern gibt es inzwischen zahlreiche Wege, mitzubieten:
- Vor Ort
Das macht sicherlich am meisten Spaß, kann aber auch durchaus nervenaufreibend sein. Man könnte der Versuchung erliegen, in einem Bieterwettstreit unbedingt gewinnen zu wollen. Das kann ins Geld gehen. Aber dafür ist man halt auch mittendrin statt nur dabei, mit allen Sinnen. Bei spektakulären Auktionen ein Erlebnis für sich, bei Zwangsversteigerungen des Finanzamts wohl eher seltener ein Event.
- Schriftliches Gebot
Papierkram erledigen, mit vorgegebenem Gebot, und hoffen, dass es klappt. Etwas old school, aber dafür sicher: Emotionen bleiben draußen, alles läuft seinen geregelten Gang. Wer noch auf Papier steht und online ablehnt, wird so bestens bedient.
- Online bieten
Quasi dasselbe wie das schriftliche Gebot, eben nur online. Man ist nicht live dabei und wartet letztlich aufs Ergebnis.
- Per Telefon
Hat einen gewissen Glamourfaktor, denn auch Häuser wie Sotheby's und Christie's, zwei der wohl berühmtesten Auktionshäuser weltweit, bieten diesen Weg schon lange an und man kennt das Prozedere vielleicht aus dem einen oder anderen Thriller oder Actionfilm. Man ist dann selbst der "geheimnisvolle Telefonbieter" - Anonymität garantiert.
- Live online
Wie vor Ort, nur deutlich bequemer - wenn die Technik mitspielt. Darauf achten wohl alle Häuser inzwischen ganz besonders, denn nichts wäre peinlicher als technisches Versagen zulasten eines guten Kunden. Aus eigener Erfahrung kann ich hier jedoch sagen: Die Technik ist mittlerweile nicht mehr die größte Risikoquelle, sondern das eigene Konto ... Onlineauktionen sind entweder "hybrid", d.h. es wird digital und analog geboten und die Möglichkeit, online zu bieten, ist nur eine Möglichkeit - es können auch die o.a. Wege beschritten werden. Oder es gibt eine Online-only-Auktion, dann passiert alles via Software, ohne Auktionator, ohne Telefonbieter, etc.
Und dann? Wie gesagt: Gewinn oder Niederlage. Bleiben wir beim Gewinn: Herzlichen Glückwunsch, das Gebot war das höchste! Jetzt bezahlen und die ersteigerte Waffe sofort mitnehmen? So schnell geht es dann doch nicht, denn erst einmal kommen zusätzliche Kosten hinzu, in der Regel ein Aufgeld von um die 20 Prozent. Das ist aber variabel und hängt von Auktionshaus, Endgebot und - auch nicht ganz unwichtig - Weg des Mitbietens ab. Bei Auktionshäusern, die Onlinebietmöglichkeiten bieten, muss man sich nicht jeweils einzeln registrieren, wenn diese mit einer Plattform wie Invaluable zusammenarbeiten. Dann heißt es: eine Registrierung, zig Auktionshäuser und Auktionen mitnehmen. Der Nachteil: Auch Invaluable und Co. wollen dafür einen kleinen Obolus, also kommt noch einmal etwas Aufgeld zum Aufgeld hinzu ... Man kann also schnell bei 30 Prozent Aufgeld oder mehr landen und sollte sich deshalb stets vor jeder Auktion gründlichst informieren, denn sonst wird beispielsweise aus einem 3000-EUR-Gebot schnell ein 4000-EUR-Endergebnis. Schließlich gibt es seit 2017 auch noch Geldwäscheregelungen, d.h. ohne Identitätsfeststellung geht nichts. Und je teurer es wird, desto umfangreicher fällt diese aus, weshalb man meist nicht "frei Schnauze" bieten, sondern lediglich einige tausend Euro investieren kann. Das ist aber gar nicht schlecht, denn so können auch nicht gleich die Pferde mit einem durchgehen und man tauscht am Ende Haus und Hof gegen eine historische Waffe ...
Bei erlaubnispflichtigen und erst recht verbotenen Waffen kommt noch der Papierkram hinzu. Am einfachsten dürften es Händler, Sammler und Sachverständige haben, hier sind die rechtlichen Möglichkeiten - kein Voreintrag nötig, keine Disziplin- oder Jagdeinschränkungen möglich - am günstigsten. Aber auch ein Verkauf ins Ausland ist selbstverständlich möglich, zumindest bei vielen Waffenauktionen. So wäre der Verkauf eines Vollautomaten in die Schweiz wohl fast schon einfacher als innerhalb Deutschlands. Denn ohne Bundeskriminalamt geht hier im Inland nichts - schließlich braucht man für diese Knarren eine Ausnahmegenehmigung.
Ansonsten ist eine Auktion aber auch "nur" ein Kauf, wenn auch auf eine etwas exotischere Art und Weise. Die Einzelstücke, Exoten und Geschichten machen hier den Reiz aus. Wer mal reinschnuppern möchte, sollte sich die kommenden Termine vormerken und dann online zuschauen. Man muss ja nicht gleich zum Höchstbieter werden, allein die Atmosphäre ist schon interessant. Und das auch online. Emotionen werden nicht nur analog transportiert, wie bekanntlich jeder Mensch bestätigen kann, der jemals digital geflirtet hat.