Praktisch & Taktisch

Ist DAS die Lösung der "Holsterfrage"?

Jetzt ist deine erste Kurzwaffe da - ein Holster muss her. Aber welches?

Von der zweitschwierigsten Frage im Leben eines Shooters.

Nachdem du dich für das Fabrikat deiner Kurzwaffe entschieden hast, ist die Wahl des Holsters wahrscheinlich genauso anspruchsvoll. 2025 ist der Markt voll von Firmen und Fabrikaten, da verliert man schnell den Überblick. Hier kommt dein Leitfaden, an wichtigen Themen, an dem du dich entlanghangeln kannst.

Als ich damals vor der Wahl stand, las ich immer wieder Artikel, die mit der Frage „Wofür brauchst du das Holster eigentlich?“ begannen. Je nach Einsatzzweck wurden dann unterschiedliche Modelle und Materialien für Holster empfohlen – vom taktischen Einsatz über den Wettbewerb bis hin zur Jagd. Für den taktischen Einsatz wurden oft Kunststoffholster empfohlen, für die Jagd Holster aus Leder und fürs verdeckte Tragen Holster aus Nylon. Ich denke, dieser Ansatz ist mittlerweile überholt. In meinen Augen muss ein Holster zwei Dinge zuverlässig leisten: Es muss die Waffe sicher halten und gleichzeitig sicher freigeben. Punkt. Es spielt keine Rolle, ob du nun als Sportschütze kompetitiv oder als Jäger passsioniert im Unterholz unterwegs bist. Hohe Sicherheit und (relativ zum Einsatzzweck) schnelle Zugriffszeit sind die entscheidenden Faktoren, die jedes Holster bieten muss - und zwar in jeder Situation, ohne Kompromisse.

 

Die NO-GO's.

Einen Zahn ziehen wir direkt: Lederholster werden in diesem Beitrag nicht empfohlen. Die jüngste Vergangenheit hat durch mehrere schwere Unfälle mehr als deutlich gezeigt, dass Lederholster ein erhebliches Risiko bergen, wenn sowohl das Innen- als auch das Außenmaterial aus Leder besteht.

Leather holsters look nice. But the material tends to deform and harbors dangers. Image Source: ITS Tactical

Weiche Leder- oder Stoffholster gehören aus deiner Auswahl gestrichen. Das Holstern ist ein kritischer Moment, der auch ohne das Holster selbst gefährlich sein kann. Kleidung oder Kleidungsstücke können sich schnell im Abzug verfangen, was das Risiko einer ungewollten Schussabgabe erhöht. Unser Ziel ist es, die kritischen Punkte zu minimieren – nicht, sie noch weiter zu potenzieren. Eine weitere Sorte von Holstern die du vermeiden solltest, sind Holster mit Druckpunkten, die mehr oder minder direkt über dem Abzug liegen. Bekanntestes Beispiel: Das "BLACKHAWK! Serpa".

A “Blackhawk! Serpa” holster. The gun is released using the pressure area above the trigger guard with the index finger. Image Source: The VSO Gun Channel

Diese Holster sind zwar Passformholster (das bedeutet, sie sind speziell für eine bestimmte Waffe angepasst), aber sie haben einen gravierenden Nachteil: Die Waffe kann nur gezogen werden, nachdem man einen Drucktaster mit dem Zeigefinger betätigt hat. Auch dieses Konzept hat in der Vergangenheit immer wieder zu Unfällen geführt, weil der Druck des Zeigefingers beim Ziehen der Waffe dazu führen kann, dass der Finger versehentlich in den Abzugsbügel rutscht und im schlimmsten Fall zu einer ungewollten Schussabgabe führt. Natürlich ist es jedes Mal ein "User Error" - es ist nicht das Holster sselber was den Schuss brechen lässt. Dennoch ist von Holstern solcher Bauart dringend abzuraten, da sie potenziell mehr Gefahren hinzufügen als zu reduzieren.

 

Moderne Holster aus Kydex.

Thermoplastisches Acryl-Polyvinylchlorid – das ist der Fachbegriff für Kydex. Dieser Kunststoff wird durch Erwärmung formbar und ist mittlerweile der Standard für Holster in nahezu jeder Anwendung - von Polizei und Militär bis hin zu zivilen Sicherheitskräften und privaten Anwendern. Der Grund liegt auf der Hand: Das Material ist witterungsresistent, abriebfest und behält auch nach Jahrzehnten seine Form. Darüber hinaus lässt sich Kydex individuell anpassen, was neben der hohen Stabilität auch eine flexible Gestaltung ermöglicht - etwa in puncto Farbe, Form und Design.

The “Raven” holster from the Austrian gear manufacturer “Black Trident”. Can be ordered for almost any weapon, almost any camo pattern is possible. Made possible by Kydex. Image Source: Black Trident

Im deutschsprachigen Raum zählen vor allem „Black Trident“ und „T.Rex Arms“ zu den bekanntesten Anbietern, die immer wieder mit neuen Ideen und hochwertiger Verarbeitung überzeugen. Sie können über unterschiedliche Adaptersysteme auf Gürtel aufgeschlauft oder -schoben werden. Die Holster sind so gefertigt, dass entweder ein gewisser Ziehwiderstand das Herausfallen der Ausrüstung verhindert oder zusätzlich eine externe Sicherung "überwunden" werden muss. Eine der besten kommt aus den USA, von "Safariland". Das sogenannte "ALS"- und das "SLS"-System.

Aber bevor wir uns darum kümmern - benötigst du überhaupt eine zusätzliche Sicherung? Beim verdeckten Tragen - wie es etwa bei Jägern, Berufswaffenträgern und Behörden (oder wo möglich: im zivilen Selbstschutz) zum Einsatz kommt – genügt der natürliche Ziehwiderstand des Holsters als "Sicherung". Bei solchen Situationen reicht hier absolut aus, den Ziehwiderstand entsprechend einzustellen, sodass die Waffe einen gewissen Rückhalt hat. Solange Abzugsbereich und Magazinauswurf verlässlich verdeckt sind, ist der Sicherheit damit dann genüge getan. 

Beim offenen Tragen hingegen (eine Ausnahme bildet der Bereich IPSC/USPSA - hier sind natürlich Holster ohne Sicherung beliebt) ist mindestens ein Holster mit einer zusätzlichen Sicherungsstufe, jenseits des Ziehwiderstandes, absolut zu empfehlen. Bei solchen Anwendungen könnte das ALS-System als die ideale Lösung auftrumpfen - denn es verhindert in angemessenem Maße unbefugten Zugriff und verursacht beim Ziehen der Waffe keinen Zeitverlust.

A Safariland holster with ALS security. Easy to see: The safety is located where the thumb automatically rests when the gun is drawn. Quick access is guaranteed while preventing unauthorized removal.

Safariland's ALS und SLS.

ALS ist das "Automatic Locking System" -  dies besteht aus einem Kunststoffsteg, der beim Holstern der Waffe automatisch einrastet und beim Ziehvorgang dann durch (Daumen-)Druck entriegelt wird. Der "Master Grip" muss dabei nicht verändert werden.

SLS ist das "Self Locking System" - dies ist ein Kunststoffbügel, der, nach dem Holstern, vom Träger selbst geschlossen werden muss. Hier muss der "Master Grip" des Schützen beim Ziehvorgang angepasst werden, der Daumen muss zuerst auf dem Bügel landen und diesen zur Seite schieben. 

Und dass solche Holster heutzutage nicht mehr kompliziert und zeitraubend zu bedienen sein müssen, beweist das internationale Ansehen des US-Herstellers. So sieht man die bekannten Silhouetten der Safariland-Holster mittlerweile an allen relevanten Hüften: US-Spezialkräfte, europäische Spezialkräfte und Polizeieinheiten weltweit beschafften Safariland-Holster, oft mit ALS- oder SLS-Sicherung. 

“GSG 9” and ‘Cobra’ train in Vienna to solve hostage situations. The picture was taken during an exercise in Vienna in 2024. Source: Austrian Federal Ministry of the Interior

Denn: Mit ein bisschen Übung und Training sind selbst Level-3-Holster (also Ziehwiderstand + ALS + SLS) nicht viel langsamer zu ziehen als reine Level-1-Holster, wie man sie häufig beim IPSC/USPSA findet. So finden wir heute mehr und mehr Hersteller, die bereits ab Werk die Option bieten, bei ihren Kydex-Holstern das Safariland-SLS-System mitzubestellen oder die ähnliche System wie das ALS vermarkten. Dies macht natürlich vorrangig in polizeilichen oder "Polizei-ähnlichen" (Jobs mit der Tendenz, gewaltbereitem Gegenüber auf kürzester Distanz zu begegnen) Kontexten Sinn. Aus meiner Sicht hat Safariland mit dem "ALS" damals den Holstermarkt revolutioniert. Die Möglichkeit, fast identisch schnell mit einem ALS-Holster zu ziehen wie mit einem reinen Kydex-Holster fasziniert mich auch heute noch - Jahre später.