Die Bundeswehr bekommt ein neues Scharfschützengewehr: 500 Exemplare des G210 gehen innerhalb der nächsten Monate an Spezialkräfte der Truppe. Wobei: So neu ist es gar nicht. Das von der Armee G210 genannte Gewehr ist das altbekannte MR308 von Heckler & Koch, allerdings in der aktuellsten Version A6, also modernisiert und modifiziert. Trotzdem ist es ein perfektes Beispiel für die behördliche Nutzung von schießsportlicher Technik. Normalerweise laufen die Debatten hier ja andersherum: Militärisch erprobt und bewährt bedeutet beliebt bei Sportschützen und Jägern. Doch Heckler & Koch nutzte die Erfahrungen aus der Anwendung des seit 2009 verfügbaren Gewehrs und schuf mit der Ausführung A6 (und auch schon der Variante A5) einen Halbautomaten für militärische Scharfschützeneinsätze.
Was macht dieses Gewehr nun so besonders? Fangen wir vorne an. Interessant ist zuerst einmal die Bezeichnung "Scharfschützengewehr kurzer Reichweite". Ja, das Kaliber .308 bzw. 7,62x51mm kann durchaus etwas, ist aber freilich kein .338 und erst recht kein Kaliber .50 BMG. Trotzdem sind 500 bis 700 Meter im präzisen Schuss sicherlich immer möglich, was aber militärisch auch durchaus eine eher "kurze Reichweite" sein dürfte. (Ja, das Kaliber kann natürlich noch mehr, keine Frage, aber nicht jeder Präzisionsschütze geht jedes Mal an die Grenzen des Machbaren - und H&K bietet für Distanzen jenseits der 700m wohl auch ein optionales Rohr mit kürzerer Dralllänge.)
Weiter geht's mit den Einsatzmöglichkeiten: Seit einiger Zeit nutzt die Bundeswehr nun schon spezielle Scharfschützengewehre. Anders als das bereits vorhandene G22 (im Kaliber 7,62x67 mm .300 Winchester Magnum) ist das G210 jedoch kein Repetierer, sondern ein Halbautomat, und anders als das G82 im enormen Kaliber .50 BMG ist das neue HK-Gewehr kleiner, leichter und damit besser handhabbar. Sollten die Einsatzkräfte im Fall der Fälle mal engmaschiger unter Druck geraten und Präzision nicht im Vordergrund stehen, so kann man mit dem G210 auch auf noch kürzerer Distanz, aber dynamischer wirken als mit einem Repetierer.
Zu den technischen Daten: Der halbautomatische Gasdrucklader wiegt ohne Magazin (Kapazität: maximal 25 Patronen) um die vier Kilogramm und baut, wie bereits erwähnt, auf dem bewährten MR308 auf. Die Rohrlänge beträgt 16,5 Zoll, der Drall ca. 12 Zoll. Heckler & Koch kündigte an, dass mit dem Gewehr auch eine neue "Präzisionspatrone" eingeführt wird. Die entscheidende Neuerung der Version A6 ist nun der auf der linken Seite befindliche Durchladehebel. Das altbekannte und mittig angelegte "T" der AR-Plattform ist damit nicht mehr an Bord, das Durchladen erfolgt linksseitig. Dies ermöglicht einen geschmeidigeren Durchladevorgang, wenn es auf "Unbeweglichkeit" und verdecktes Schießen ankommt.
Andere Aspekte sind bereits von der Ausführung A5 bekannt, zum Beispiel die Magazinschnittstelle, die nun auch Magpul-/DPMS-Magazine akzeptiert, was im internationalen Einsatz nur sinnvoll sein kann. Interessant, aber nicht überraschend: Das Gewehr ist - und bleibt auch militärisch - ein Halbautomat. Selbst in Armeen gibt es nur wenige Einsatzszenarien für vollautomatisches Feuer jenseits von Maschinengewehren und ein solches Präzisionsgewehr (insbesondere bei Spezialeinsätzen) so einzusetzen, ergibt auch wenig Sinn. Deshalb kann man auf diese Funktion wohl schlicht verzichten. Insgesamt schließt die Bundeswehr mit diesem Gewehr eine Lücke, die den Spezialkräften anscheinend unter den Nägeln brannte. Im kommenden Jahr soll die Auslieferung stattfinden, und H&K zeigte sich stolz über die Auswahl ihres Gewehrs für Spezialeinheiten der Bundeswehr. Wir sind gespannt auf erste Erfahrungsberichte seitens der Einsatzkräfte.