Striker Fired und aus Stahl – ein Albtraum für Sig Sauer P320 Legion und PDP-SF?
Speziell Anhänger der dynamischen Disziplinen wünschen sich genau das:
Eine „striker-fired“ Pistole, Optic-Ready - aber komplett aus Stahl und das Ganze bitte zu einem erschwinglichen Preis. Der türkische Hersteller CANIK liefert genau DAS und insgesamt noch viel mehr. Aber alles schön der Reihe nach:
Mit einem robusten Stahlrahmen, anpassbaren Griffrücken und einem optic-ready Verschluss mit Serrations und cut-outs bietet die SFx RIVAL-S alles, was sich der moderne Schütze an ergonomischem Design wünscht.
Der Claim "ZUR ÜBERLEGENHEIT GESCHMIEDET" („Forged for superiority“) ist hier noch nicht einmal übertrieben, denn die CANIK SFx RIVAL-S ist a) optimiert für das dynamische Wettkampfschießen und kommt b) in einem Paket, welches allen Mitbewerbern in Sachen „ready to go“ wirklich überlegen ist (mehr dazu weiter unten).
Ob es die offene Fiberoptikvisierung, der standardmäßig und verbesserte, gerade Abzugszüngel ist, der vergrößerte Magazinschacht oder die beidhändige Bedienelemente sowie die Undercuts am Griffstück (Referenzpunkte, um immer die gleiche Griffposition aufbauen zu können) – das Gesamtpaket stimmt zu einem unschlagbaren Preis. Dass alle Optik-Adapter-Platten, Werkzeug und ein absolut brauchbares Holster inklusive sind, ist fast schon Makulatur. Die Konkurrenz sieht hier alt aus, alleine schon, wenn man den Lieferumfang anschaut, selbst wenn sie alle preislich gleichauf wären.
Canik SFx RIVAL-S Spezifikationen:
Gewicht | 1210 Gramm |
Magazinkapazität | 18+1 Patronen, im Lieferumfang enthalten: 2x 18-Schuss Magazine (Optional 20 Schuss Magazine erhältlich, ein drittes Magazin hätte das himmlische Paket „perfekt“ gemacht) |
Visierung | Mikrometervisier mit Fiberglass-Korn |
Munition | 9mm Luger / 9x19 |
Finish | Chrom oder Schwarz |
Material Griffstück | Stahl |
Lauflänge | 5 Zoll |
Höhe | 5,75 Zoll / 14,60 cm |
Breite | 1,41 Zoll / 3,59 cm |
Herstellungsland | Türkei |
Geeignet für IPSC Production, Production Optic und Standard sowie alle anderen BDS / BdMP Disziplinen, bei denen nicht nur ohne Zeitlimit aus dem Stand in die Mitte einer Scheibe geschossen wird.
Lohnendes Zubehör (nicht enthalten, aber einfach zu bestellen): das hauseigene MeCanik M03-Leuchtpunktvisier ist von der Größe her vergleichbar mit einem Trijicon SRO, allerdings erhält man es nur zu knapp 1/3 des Preises des Trijcon SRO. Bei meinen Tests hat das MO3 tapfer gehalten, war präzise zu justieren und wartete mit einem sehr gut zu erfassenden, präzise zu dimmenden Punkt in einem riesengroßen „Fenster“ auf.
Out of the Box - der erste Eindruck
Wir öffnen den 2-stöckigen (!) Koffer und erblicken das üppige Zubehör, das man zu jeder Waffe von CANIK dazu bekommt. Hier ist es besonders ist üppig und sucht aktuell am Markt seines Gleichen.
CANIK liefert zusätzlich zur Pistole ab Werk zwei 18-Schuss-Magazine und das ist das einzige, was hier Industriestandard ist. Ok - ABER dann kommt es, denn neben dem zweiten Magazin mit dabei sind noch
- zwei weitere Aluminium-Magazinbodenplatten mit erhöhtem Gewicht
- ein Magazinlader
- ein schnell und einfach zu montierender Jet-Funnel aus Metall
- ein absolut brauchbares OWB-Holster aus Kunstoff
- ein Werkzeugset zum Zerlegen der Waffe
- ein Reinigungsset
- fünf verschiedene Optikadapterplatten für alle gängigen Rotpunktvisiere
- eine zusätzliche rote und grüne Fiberoptikeinlage für das Korn
- drei austauschbare Griffrücken zum Anpassen an die eigene Hand
- drei Magazinauslöserverlängerungen für jede Fingerlänge
- eine Gebrauchsanleitung
und das alles in einem hochwertigem, sehr stabilen Transportkoffer mit Bohrungen zum abschließen mittels Kabelschloss.
Das mitgelieferte Holster ist eine nette Zugabe, die in der Branche eher unüblich ist und ermöglicht den direkten Start ins Wettkampfgeschehen. Für die normale, sportliche Anwendung ist dieses Holster eine absolut solide Option, denn es liegt eng an der Hüfte an und besitzt eine ausreichend gute Retention (Level 1). Natürlich kann es nicht mit Modellen wie dem „Thor“ von BlackTrident mithalten, aber Out-of-the-box IPSC tauglich ist diese Ausrüstung jedenfalls (falls es der Schütze eben auch ist).
Das Besondere insgesamt für die Branche ist: alle CANiK Waffen werden mit einem vergleichbaren Zubehörpaket ausgeliefert und sind somit „ready to go“ wenn sie „out of the box“ kommen. Dies gilt auch für die preiswerteren Versionen und reinen Gebrauchspistolen, von Sub-Kompakt (z.b. die MC9) bis Full-Size (z.B. die SFT Mete). Es bleibt nur zu hoffen, dass andere Hersteller diesem Beispiel folgen.
Alle Teile im Detail:
Der Rahmen
Durch das erhöhte Gewichts der Pistole im Vergleich zu ihrem Polymergriff-Geschwisterchen hilft der geschmiedete Rahmen dabei, den Schwerpunkt deutlich zu verlagern und den gefühlten Rückstoß auch deutlich zu reduzieren. Dies macht die Pistole direkt zu einer ernsten Option, speziell für Disziplinen, bei denen es auf schnelle Schussfolgen ankommt.
Während meiner Tests war ich beeindruckt davon, wie „flach“ die Pistole schoss. Das massive Griffstück war - neben einer stabilen Grifftechnik - hauptverantwortlich dafür, da es sich aufgrund der angenehmen Griffform zusätzlich auch noch sehr gut kontrollieren ließ. Die Textur der Griffstücke ist zwar etwas weniger „rau“, als ich es persönlich bevorzugen würde, aber der durch das erhöhte Gewicht gleichzeitig geringere Rückstoßimpuls reduziert auch die Notwendigkeit für eine extrem aggressive Texturierung, die ja auch nicht nur Vorteile bietet.
Visierung
Die Pistole ist für die Montage von Rotpunktoptiken vorbereitet und wird mit allen notwendigen Adapterplatten geliefert. Sie verfügt dennoch über eine sehr scharfe und präzise zu verstellende, offene Visierung. CANIK liefert hier standardmäßig die von mir auch in der sportlichen Anwendung bevorzugte Art von offener Visierung: ein rotes Fiberglas-Korn in Kombination mit einer schlichz schwarzen Kimme, ohne irgendwelche ablenkenden Markierungen. Seiten- und Höhenverstellung arbeiten extrem präzise und können somit auf jede selbst gebastelte Laborierung eingestellt werden, falls notwendig. Auch diejenigen, die keinen Rotpunkt verwenden wollen, würde ich diese Waffen-Visierungs-Kombination als optimal bezeichnen.
In der heutigen Zeit sollten alle modernen, halbautomatischen Pistolen zumindest „optic-ready“ sein - daher ist es ein gutes Zeichen, dass CANiK dies bei allen in Deutschland verfügbaren Modellen so ab Werk anbietet. Die hauseigenen Optiken aus der Zubehörlinie „MeCanik“ runden hier das Bild erneut ab, womit CANik wieder einmal mehr beweist, dass es das Ziel ist der „One-Stop-Shop“ zu sein für die Kunden.
Verschluss
Der Verschluss dieser Pistole verfügt über „Serrations“ im vorderen und hinteren Bereich, um einen besseren „Grip“ für notwendige Handhabungsschritte zu bieten. Die vorderen „Verzahnungen“ sind tief genug, um den „Press-Check“ zu unterstützen und die hinteren sind ebenfalls ausreichend griffig und ermöglichen eine zuverlässige Handhabung der Waffe, speziell in Verbindung mit einem Rotpunkt.
Bedienelemente
Mit (fast) komplett beidseitig bedienbare Bedienelemente kommt CANIK den Bedürfnissen von Linkshändern und Rechtshändern gleichermaßen nach. Der lange Verschlussfang lässt sich leicht mit dem Daumen leicht bedienen und die Magazinentriegelung ist gut erreichbar, zusätzlich einfach unr schnell auf die andere Seite des Griffstücks ummontierbar (für Linkshänder).
Freunde der Individualisierung bekommen die Möglichkeit mit Hilfe von Zubehörsets in verschiedenen Farben die Bedienelemente und die Griffschalen ganz nach persönlichem Gusto auszutauschen. Die Farben rot, blau und gelb stehen zur Verfügung für die Bedienelemente und die Griffschalen oder die separat erhältliche Daumenauflage.
Auch auf Holzgriffschalen aus Holz (z.B. Walnuss oder Rosenholz) in verschiedenen Ausführungen muss nicht verzichtet werden. Keine andere Waffe am Markt lässt so viel Individualisierung zu, wie die Rival-S.
Abzug
Der Abzug und dessen Charakteristik sind wohl die am wichtigsten wahrgenommenen Bestandteile jeder Schusswaffe. Mit dem auf 90° brechenden, flachen Aluminium-Züngel bin ich persönlich im Test sehr glücklich gewesen. Der Abzug der RIVAL-S fühlt sich knackig und kurz an, der Reset ist extrem kurz und die Abzugssicherung trotz der Breite des Züngels nicht negativ wahrnehmbar. Das Abzugsgewicht der Waffe lag gemessen konstant zwischen 1,7 und 2kg, was keine Fragen offen lassen sollte und für den dynamischen Bereich mehr als ausreichend ist.
Der als sehr kurz zu bezeichnende Abzugsweg ist absolut glatt, es gibt kein kriechen oder anderweitig reibendes Gefühl bei der Testwaffe. Der Druckpunkt ist sehr gut definiert und es gibt kaum wahrnehmbares Kriechen (typisch striker-fired eben), bevor das Schloss den Schlagbolzen freigibt.
Der sehr kurze Reset unterstützt den Schützen optimal bei schnellen Schussfolgen und das Gewicht der Waffe hilft ihm wiederum dabei, die Visierung während der Rückstossverarbeitung nicht vom Ziel weichen zu lassen.
Genauigkeit und Präzision
Während der Schütze für die Genauigkeit zuständig ist, liefert jede Waffe ihr eigene, beeindruckende Präzision. Im Laufe des Tests war ich von der Präzision der SFx RIVAL-S insofern stark beeindruckt, als dass sie konstant besser schoss als ich selbst. Der größte Faktor für die Streuung ist meiner Erfahrung nach immer der Schütze und nur selten die Munition oder Feenstaub in der Luft.
Aus 10 Metern Entfernung habe ich freihändig konstant etwa 3cm-Gruppen geschossen (mit Red Dot MO3), abzüglich einiger Ausreißer, die ich natürlich selbst verursacht habe. Sowohl mit der Norma Safeguard 115gr Hohlspitz als auch mit der Geco 124grs SX schienen die Waffe und ich am besten zu gruppieren. Im Endeffekt aber alles schoss jede der benutzten Munitionssorten ausreichend gut durch diese Pistole: neben den bereits erwähnten Munitionssorten flogen die bekannte S&B Schüttpackung FMJ und Magtech mit jeweils Vollmantelgeschossen in 124grs / 8g sowie die leichte Action Extreme mit ihren leichten Einsatzgeschossen absolut präzise und mit kaum wahrnehmbaren Treffpunktveränderungen konstant präzise ins Ziel.
Zuverlässigkeit und Funktion
Bei den bisher ca. 5000 Patronen, die ich durch die Pistole verschossen habe, hatte ich nur eine einzige Fehlfunktion und diese war durch mir selbst verursacht. Von den leichten Action Extreme Hohlspitzpatronen bis hin zur 124gr FMJ-Trainingsmunition funktioniert bisher alles einwandfrei. Die von mir im Training und in meinen Lehrgängen bevorzugte Munition ist nach wie vor die Geco 9x19 SX 124gr FMJ, da ich sie als die beste Mischung in Sachen Kosten und Leistung empfinde bei gleichzeitiger Gesundheitsschonung für mich als Schützen oder meine Teilnehmer. Ich finde auch, dass sie weicher schießt als 115gr Nontox Munition von S&B, aber das kann auch rein persönliches Empfinden sein.
Zusammenfassung
Insgesamt bin ich beeindruckt von der CANIK SFx RIVAL-S, primär in Sachen Preis-Leistungsverhältnis. Sie tritt an gegen die PDP-SF von Walther oder auch die Sig Sauer P320 X-Five „Legion“ und die anderen Varianten mit Metallgriffstück. Die SFx RIVAL-S ist derzeit in zwei Varianten erhältlich: die von mir getestete schwarze Ausführung sowie die Chrom-Version, jeweils zu einem UVP von 1550 EUR und 1600 EUR. Die Red Dots MeCANIK MO2 und MO3 schlagen mit um die 350 EUR zu Buche, was dazu führt dass man eine „ready to go“ Waffe für Production Optics für unter 2000 EUR bekommt, inkl. Holster, Koffer und Adapterplatten für andere Optiken.