Karton und Blechkiste reichen nicht zur Aufbewahrung von Altbestand-Magazinen.
Das Verwaltungsgericht Düsseldorf entschied nun, dass eine "Aufbewahrung der (...) großen Magazine in einem Karton und einer Blechdose, wie sie der Antragsgegner bei der Überprüfung (...) vorfand", eindeutig "gegen die waffenrechtlichen Anforderungen, die an die Aufbewahrung solcher Magazine zu stellen sind" verstößt (Beschluss des VG Düsseldorf; erste waffenrechtliche Einordnung hier.)
Der Betroffene bewahrte knapp 100 Stück große Magazine nicht in einem passenden Safe, sondern in Papp- und Metallkisten in seiner Zweitwohnung auf. Er berief sich dabei auf eigene Recherchen, u.a. Infoblätter zweier Ministerien ("Merkblatt Fragen und Antworten zum Dritten Waffenrechtsänderungsgesetz" des Bayerischen Innenministeriums), zudem auf das Merkblatt des Verbandes Deutscher Büchsenmacher und Waffenfachhändler (VDB) mit dem Titel "Magazine". Das Gericht verwarf diese Einwände jedoch, und zwar sehr deutlich.
Das Gericht zitiert dabei ironischerweise aus dem VDB-Merkblatt: "Als verbotene Waffen unterliegen auch große Magazine den Aufbewahrungsvorschriften nach § 36 WaffG i.V.m. § 13 Abs. 2 Nr. 5b) AWaffV. Die Mindestanforderung für verbotene Magazine nach Anlage 2 Abschnitt 1 Nummer 1.2.4.3 bis 1.2.4.5 ist ein Sicherheitsbehältnis, das mindestens der DIN/EN 1143-1 Widerstandsgrad I entspricht." Sollte heißen: Selbst der VDB, auf den sich der Betroffene beruft, gibt die Information korrekt wider und auch weiter - der Betroffene habe sie jedoch anscheinend schlicht ignoriert.
Pikantes Detail:
VDB-nahe Quellen bestätigen: Der VDB hat in diesem Verfahren per Anwalt ein Schriftstück zur Erläuterung der gesetzlichen Handhabe von Altbestand eingereicht. Aus diesem geht hervor, dass der Beklagte seine Magazine als Altbestand anmeldete und diese somit, nach Auffassung des VDB, gar nicht zum verbotenen Gegenstand würden! Somit wäre auch die Aufbewahrung als solcher nicht erforderlich. Das VDB-Merkblatt, auf das sich die Richterin bezog, gilt für neue 30er Magazine mit BKA-Ausnahmegenehmigung.
UPDATE: Das Schreiben liegt der Redaktion vor:
Sehr geehrter ...
zu Recht weisen Sie darauf hin, dass unser Merkblatt „Magazine“ eindeutig und
unmissverständlich auf das Merkblatt des Bayerischen Staatsministeriums vom 05.02.2020
verweist, in dem es dort heißt:
„Klarstellende Informationen gibt es aus Bayern (Merkblatt des Bayerischen Staatsministeriums vom 05.02.2020): Personen, die „große“ Magazine vor dem 13.06.2017 erworben haben, dürfen diese behalten und weiterverwenden, wenn sie den Besitz bis zum 01.09.2021 bei ihrer zuständigen Waffenbehörde anzeigen. In diesen Fällen gelten auch keine strengeren Anforderungen an die Aufbewahrung. Alternativ können Magazine an einen Berechtigten, die Waffenbehörde oder eine Polizeidienststelle abgegeben werden.“ Nur bei Erwerb nach dem 13.06.2017 gelten demnach in Bayern die Vorschriften nach §13 AWaffV. Dieser Hinweis kann ggf. an Behörden anderer Bundesländer weitergegeben werden.“
Darüber hinaus sollte unser Merkblatt genau zitiert werden!
Hier heißt es nämlich:
„Dabei gelten jedoch die Altbesitzvorschriften aus § 36 WaffG
vollumfänglich, sodass bei berechtigtem Altbesitz in einem B-Schrank verbotene Waffen
aufbewahrt werden dürfen“.
Auch wir als Verband vertreten -zur Klarstellung- die Ansicht, dass für ordnungsgemäß angezeigten Magazin-Altbesitz keinerlei gesonderte Aufbewahrungsobliegenheiten bestehen, sprich derart legalisierter Altbesitz eben nicht in Tresoren, bzw. verschlossenen Behältnissen gleich welcher Art aufbewahrt werden muss aber darf.
Auf hoher See und vor Gericht ...
Die zuständige Richterin urteilte hingegen: Er hätte im Zweifel seine eigene Waffenbehörde kontaktieren müssen und dürfe sich nicht so ohne weiteres einfach "in einer streitigen Rechtsfrage (...) die für ihn günstigere Rechtsaufassung zu eigen" machen.
Insgesamt sei seine Vorgehensweise in diesem Fall bemerkenswert, so das Gericht: "Im Verhalten kommt eine konfliktbereite Herangehensweise des Antragstellers und ein nicht mit der Rechtslage in Einklang stehendes Beharren in Bezug auf die Auslegung der gesetzliche Anforderungen an die Anzeigepflicht zum Ausdruck." Die Folge ist nun die Abgabe der waffenrechtlichen Erlaubnisse. Das Gericht kritisierte allerdings auch einige Verfahrensfehler der zuständigen Behörde, gegen die der Betroffene somit erfolgreich vorging. Am für den Betroffenen negativen Ergebnis ändert dies jedoch nichts.
Faszinierend ist für mich bei diesem Beschluss vor allem dieser Punkt, den das Gericht wie folgt aufführt: "Dies alles dient dem Gesamtziel, terroristische Anschläge zu verhindern." Dass das mit willkürlichen Magazinkapazitätsbegrenzungen, umfangreichen Altfallregelungen und den Waffengesetzverschärfungen der jüngsten Zeit gerade nicht erreicht werden kann, wurde nicht nur in den Beratungen und Diskussionen zu diesen Maßnahmen in der Vergangenheit deutlich, sondern gilt auch weiterhin. Der Schutz vor Terrorismus wurde und wird in Deutschland mit Sicherheit nicht verbessert, weil ein Sportschütze auf dem Schießstand nach zehn Schuss sein Magazin wechseln muss. Aber das ist eine Diskussion für die Politik, nicht für Gerichte.
(Mit redaktionellen Ergänzungen)